Als Keynesianismus bezeichnet man die wirtschaftstheoretischen Überlegungen und wirtschaftspolitischen Handlungsanweisungen, die auf den britischen Ökonomen John Maynard Keynes zurückgehen (1883-1946). Keynes gilt als einer der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, weil er mit seinen Erklärungsmustern für die hohe Arbeitslosigkeit in der Weltwirtschaftskrise (1929-1933) mit den bis dahin gängigen Lehrmeinungen der Wirtschaftswissenschaften brach.
Die damalig vorherrschende Ansicht war, dass auf dem Arbeitsmarkt das Angebot und die Nachfrage nach Arbeitskräften über kurz oder lang immer zu einem Gleichgewicht kämen und Arbeitslosigkeit damit dauerhaft nicht möglich sei. Sollte Arbeitslosigkeit doch entstehen, müssten einfach die Löhne gesenkt werden, um ein erneutes Gleichgewicht herzustellen. Angesichts der langanhaltenden und hohen Arbeitslosigkeit in der Weltwirtwirtschaftskrise trotz sinkender Löhne erkannte Keynes, dass die Selbstheilung des Marktes in diesem Falle nicht funktioniere. Die Ursache für die Arbeitslosigkeit sah Keynes in der mangelnden gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Gütern, die einem Überschuss an Angebot gegenüberstehe. Das Resultat sei, dass Produktionskapazitäten nicht voll ausgelastet seien und damit Arbeitslosigkeit entstehe.
Aufgrund dieser Diagnose kam Keynes entgegen den herrschenden ökonomischen Lehrmeinungen zur Behauptung, dass die Nachfrage die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Produktion und die wiederum die Höhe der Beschäftigung in einer Volkswirtschaft steuere.
Keynes empfahl vor diesem Hintergrund, die Nachfrageschwäche zu beheben, also direkt in das Marktgeschehen einzugreifen, um die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Sollten Unternehmen und die privaten Haushalte nicht in der Lage sein, die Nachfrage nach Produkten zu erhöhen, müsse der Staat aktiv werden und durch seine Ausgabepolitik Nachfrage nach Produktion und Beschäftigung erzeugen. Er forderte, dass der Staat durch kreditfinanzierte Ausgabenprogramme (bspw. Investition in die Infrastruktur) zusätzliche Nachfrage schaffen solle. Durch diesen Schub würde die Nachfrage nach Investitionsgütern und Produkten steigen, was wiederum eine Nachfrage nach Beschäftigung bei den Unternehmen nach sich ziehen würde („Multiplikatoreneffekt“).