Zurück

Wettbewerb und Kontrolle: Ein Blick auf grundlegende Marktstrukturen

Beim Verständnis von Marktstrukturen spielen Monopol, Oligopol und Polypol eine Schlüsselrolle. Diese Begriffe helfen, das Verhalten von Unternehmen zu analysieren und vorherzusagen, wie sie in verschiedenen Marktszenarien agieren. Von der Dominanz eines einzigen Anbieters im Monopol bis hin zur Vielfalt vieler Wettbewerber im Polypol: Prof. Dr. Harald Wiese von der Universität Leipzig führt passend zur Einheit der Sekundarstufe I durch die Grundlagen der Mikroökonomik.

Monopol, Oligopol und Polypol sind zentrale Begriffe aus der Mikroökonomik. Ganz knapp haben wir es beim Monopol mit nur einem anbietenden Unternehmen zu tun, beim Oligopol mit wenigen Unternehmen und beim Polypol mit „vielen”. Um die Komplexität dieser Marktformen zu verstehen und ihre Dynamiken zu analysieren, stellen sich mehrere wichtige Fragen: Welche theoretischen Instrumente benötigt man zur Analyse dieser Marktformen? Welche Marktformen sind „die besten”? Wie können wir sicherstellen, dass der „Markt”, auf den sich diese Begriffe beziehen, überhaupt definierbar ist? Wir machen uns die Sache einfach und nehmen im Folgenden an, dass

  • Unternehmen die Nachfrage und die Kostenfunktionen (eigene und fremde) kennen.
  • Unternehmen das Ziel verfolgen, ihren Gewinn zu maximieren. Gewinn wird definiert als Differenz von Erlös und Kosten. Der Erlös wiederum ist das Produkt von Preis und Menge.

Das Monopol

Das Verhalten eines Monopolisten ergibt sich aus den obigen Annahmen. Das Entscheidungsproblem des Monopolisten ist recht einfach zu skizzieren. Er ist bestrebt, den gewinnmaximalen Punkt auf der Nachfragekurve zu identifizieren. Dazu gibt es mathematische Verfahren. Intuitiv kann man sich den Optimierungsprozess so vorstellen: Nehmen wir an, dass das Unternehmen eine bestimmte Menge X anbietet. Diese Menge lässt sich nur zu einem bestimmten Preis verkaufen. Dem Erlös stehen die Kosten zur Produktion von X gegenüber, nennen wir sie K(X). Nun kann der Monopolist sich überlegen, die produzierte Menge auszudehnen. Dies führt dann im Allgemeinen zu einem geringeren Preis. Die Frage ist nun: Überwiegt der zusätzliche Erlös durch die Ausdehnung der produzierten und verkauften Menge die zusätzlichen Kosten? Lautet die Antwort „ja”, so wird der Monopolist diese Ausdehnung vornehmen.

Das Oligopol

Die Analyse des Oligopols (wenige Anbieter stehen vielen Nachfragern gegenüber) ist ein wenig komplizierter. Der Gewinn eines Anbieters hängt nämlich nicht nur von seiner Mengenentscheidung ab, sondern auch von der Mengenentscheidung der Konkurrentinnen und Konkurrenten. Um beim Oligopol zu einer theoretischen Vorhersage zu gelangen, verwendet man die so genannte Spieltheorie. Das zentrale Lösungskonzept der Spieltheorie ist das Nash-Gleichgewicht. Angenommen es gäbe zwei Unternehmen 1 und 2, die die Ausbringungsmengen x1 bzw. x2 produzieren. Ein Nash-Gleichgewicht liegt dann vor, wenn x1 den Gewinn von Unternehmen 1 maximiert und x2 zugleich den Gewinn von Unternehmen 2 maximiert. Es handelt sich also um zwei ineinander verschränkte Maximierungsprobleme.

Das Polypol

Das Verhalten von Unternehmen im Polypol lässt sich im Prinzip so analysieren wie im Oligopol. Dazu bastelt man ein Oligopol-Modell mit n Unternehmen und lässt dann n sehr groß werden. Mikroökonomen gehen häufig alternativ einen anderen Weg. Sie nehmen an, dass ein einzelnes Unternehmen im Polypol so unbedeutend ist, dass seine Mengenentscheidung keinen Einfluss auf den Marktpreis hat. Dann kann man das Verhalten eines Polypolisten ähnlich wie im Monopol analysieren. Bei gegebenem Marktpreis bestimmt jedes Unternehmen im Polypol seine gewinnmaximale Ausbringungsmenge.

Welche Marktform ist die beste?

Was haben Konsumierende davon, dass es einen Markt gibt? Die mikroökonomische Antwort lautet: Konsumentenrente. Sie gibt den Geldbetrag an, den der Konsument dafür zu zahlen bereit ist, zu einem bestimmten Preis die ihm genehme Menge kaufen zu können – im Vergleich dazu, dass es diese Möglichkeit nicht gibt. Was haben Produzenten davon, dass es einen Markt gibt? Sie können zu einem bestimmten Preis die für sie beste Menge verkaufen (Produzentenrente).

Man kann zeigen, dass die Summe aller Konsumentenrenten und aller Produzentenrenten beim Polypol maximal ist. Insofern ist das Polypol am besten. Andere Marktformen weisen dagegen eine geringere Summe von Konsumenten- und Produzentenrente auf.

Dieses theoretische Argument für die Vorteilhaftigkeit des Polypols ist allerdings nicht ganz wasserdicht: Zunächst gibt es Märkte, bei denen sehr viele Anbieter ein unrealistisches und auch unerwünschtes Szenario darstellen. So gibt es etwa in Deutschland, aber sogar auf der ganzen Welt nur eine begrenzte Anzahl von Automobilproduzenten. Das liegt daran, dass man bei einer Verdoppelung der produzierten Menge häufig weniger als eine Verdoppelung der Kosten vergegenwärtigt. Eine sehr große Anzahl von Unternehmen ist unter solchen Bedingungen nicht erwartbar und auch nicht optimal. Zudem wird diskutiert, ob es nicht eines Monopols oder eines Oligopols bedarf, um hinreichend hohe Innovationsaktivitäten hervorzubringen.

Es wird gerne argumentiert, dass ein Monopolist kein Interesse an Innovationen zeigt. Das ist nicht unbedingt klar. Unter dem Umstand, dass ein Monopol nicht rechtlich geschützt ist, könnte der Monopolist potenziellen Wettbewerb fürchten. Dies bezieht sich auf Unternehmen, die noch nicht am Markt agieren, dies aber erwägen. Wenn ein Monopolist nun sehr wenig innovativ ist, könnte ein potenzieller Konkurrent das eingesessene Unternehmen verdrängen, beispielsweise mit neuen Produktionsmethoden oder mit neuen Vertriebswegen. Im Kontrast dazu stehen Unternehmen in einem Polypol, die sich kontinuierlich dem Wettbewerb stellen müssen und oft durch Produktinnovationen versuchen, sich einen Vorteil zu erarbeiten.

Was definiert einen Markt?

Die bisherigen Überlegungen gehen davon aus, dass der zugrunde liegende Markt klar umgrenzt ist. Dies ist jedoch gar nicht der Fall. Sind Luxus-Automobil-Hersteller auf demselben Markt tätig wie Kleinwagen-Produzenten, spielt bei der Marktabgrenzung die Frage eine Rolle, ob es sich um Elektro- versus Benzinfahrzeuge handelt.

Nehmen wir als weiteres Beispiel die Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt GmbH (KD) und spazieren wir in Gedanken am Rhein oder an der Mosel entlang. Nach kurzer Zeit drängt sich der Eindruck auf, dass KD über ein Fast-Monopol verfügt. Viele und auch relativ große Passagierschiffe dieses Unternehmens transportieren Menschen von Düsseldorf nach Duisburg oder von Koblenz nach Winningen. Doch was ist hier der „relevante Markt”? Geht es um den Markt der Beförderung von Düsseldorf nach Duisburg? Dann gibt es neben KD viele Alternativen: Auto, Bahn, Fahrrad. Oder geht es um den Markt der Freizeitaktivitäten an einem schönen Sonntagnachmittag? Auch dann gibt es viele Alternativen: Spazierengehen, Fahrradtouren, Stadtbummel in Koblenz. In keinem dieser beiden Beispiele mag man mehr von einer Fast-Monopol-Position von KD sprechen.

Tatsächlich ist der Marktbegriff, den Mikroökonomen häufig ganz unkritisch benutzen, ganz und gar nicht selbstverständlich. Dennoch: Marktformen bleiben trotz dieser Schwierigkeit ein wichtiges theoretisches Unterscheidungsmerkmal, das in der theoretischen und angewandten Forschung zu plausiblen und auch empirisch gestützten Vorhersagen beiträgt.

(Anm.: Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text die maskuline Form verwendet, sämtliche Geschlechter sind mit eingeschlossen.)

Tipp

Material des Monats: Die Welt der Märkte: Monopol, Oligopol und Polypol im Fokus

Alle Artikel aus der Rubrik "Aktuelles" im Überblick