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Wie sinnvoll sind Subventionen?

Ob Finanzspritzen für Chipfabriken oder Steuerhilfen für Agrardiesel – welche Subventionen sind noch zeitgemäß und was können sie leisten? Wirtschaftsjournalistin Pauline Schinkels blickt auf die Debatte.

Die Bauern und Bäuer:innen sind wütend, der Staat will ihnen ans Geld. Wochenlang hatte die Ampel-Koalition darum gerungen, das Haushaltsloch zu stopfen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2023 fehlten auf einmal 60 Milliarden Euro, woraufhin Finanzminister Christian Linder (FDP) eine Haushaltssperre ausrief und schnell nach Lösungen für einen Entlastungshaushalt gesucht werden musste.

Die wurden Mitte Dezember nach langem Ringen vorgelegt: Eingespart werden sollen jetzt unter anderem die Steuerbegünstigungen für den Agrardiesel. Momentan zahlen Verbraucher:innen 47 Cent pro Liter Diesel, Landwirt:innen erhalten davon beim Agrardiesel etwa 21 Cent zurück, der Staat subventioniert also bisher den Sprit für Trecker und Mähdrescher. Diese Beihilfen kosten, laut Haushaltsplan, jährlich insgesamt rund 440 Millionen Euro. 7.000 Euro Mehrkosten, rechnete der rheinische Landwirtschaftsverband vor, würde die Streichung wiederum für die Bauern bedeuten. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Das Vorhaben sei eine Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft und an uns Bauernfamilien, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, die Kürzungen seien ein „No-Go“ und CDU-Vorsitzender Friedrich Merz sprach von einem Schlag in die Magengrube für die ländliche Wirtschaft. In Berlin wurde in den Folgetagen demonstriert, mehr als 3000 Traktoren rollten in die Hauptstadt, Anfang Januar wurde Vizekanzler Robert Habeck sogar am Verlassen einer Fähre im nordfriesischen Schlüttsiel gehindert.

Wettbewerbshilfe oder Verzerrung?

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schätzt in seinem jährlichen Subventionsbericht, dass die Finanzhilfen in diesem Jahr auf 208 Milliarden Euro steigen könnten, ein neuer Rekordwert. Auch die Bundesregierung legt alle zwei Jahre einen sogenannten Subventionsbericht vor, für 2023 rechnet sie mit einem Subventionsvolumen von 65,9 Milliarden Euro – also deutlich weniger als das IfW. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Volkswirt:innen den Begriff Subvention weiter fassen als Jurist:innen.

Geht es nach dem deutschen Stabilitäts- und Wachstumsgesetz, dann sind Subventionen finanzielle staatliche Zuschüsse, die nicht an eine Gegenleistung gebunden sind und direkt (als Finanzhilfe) oder indirekt (durch Steuervergünstigungen) fließen können, wodurch einzelne Sektoren oder Teilbereiche der Wirtschaft mittel- oder unmittelbar begünstigt werden.

Unterschieden wird je nach Zielsetzung in die Anpassungs-, Erhaltungs- und Produktivitätshilfen. Bei den Anpassungshilfen geht es darum, Unternehmen oder bestimmte Wirtschaftszweige dabei zu fördern, sich zu verändern, etwa weil der Strukturwandel das nötig macht. Bei den Erhaltungshilfen werden bestimmte Sektoren gefördert, deren Erhalt gesellschaftlich gewünscht ist, das gilt zum Beispiel auch für die Landwirtschaft, weil Deutschland sich damit von Lebensmittelimporten unabhängig machen will. Trotzdem haben hierzulande viele Betriebe aufgegeben, in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Anzahl der Höfe halbiert. Die Produktivitätshilfen sollen den Fortschritt in neue und zukunftsweisende Branchen erleichtern, etwa im Bereich der Energietechnik.

In Deutschland werden laut dem aktuellen Subventionsbericht vom Sommer 2023 vor allem Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energie im Gebäudebereich, Mikroelektronik und die Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen gefördert.

Widersprüchliche Ziele

Solche Finanzspritzen oder Steuervorteile, die der Staat vergibt, sind allerdings nicht ganz unproblematisch. Einige Ökonom:innen argumentieren etwa, dass die Hilfen intransparent und ungerecht verteilt werden und den Wettbewerb verzerren. Vielfach würden Unternehmen so künstlich am Leben gehalten werden, die es ohne die Hilfe des Staates nicht mehr geben würde. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kritisiert, dass einige Regionalflughäfen im freien Wettbewerb in Deutschland nicht bestehen könnten, würden sie nicht von öffentlichen Trägern wie den Kommunen bezuschusst. Subventionen belasten zudem die Steuerzahler:innen, außerdem schaden sie mitunter der Umwelt, was anderen politischen Zielen wie der Energiewende widerspricht.

Diese klimaschädlichen Subventionen sind besonders umstritten. Laut einer Studie des FÖS könnte der Staat jährlich 23,5 Milliarden einsparen, wenn er diese Steuervorteile nicht mehr gewährt. Es geht dabei beispielsweise um das sogenannte Dieselprivileg, Diesel wird bisher geringer besteuert als Benzin. Zur Diskussion steht aber auch immer wieder die Pendlerpauschale, die Beschäftigte mit weiten Wegen zur Arbeit entlastet, und die bestehenden Steuervorteile für Dienstwagen abzuschaffen.

Auch die Ampel-Koalition hat sich im Haushaltsstreit die klimaschädlichen Subventionen vorgeknöpft, sie will jetzt beispielsweise eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge einführen, bisher war der gewerbliche Luftverkehr von so einer Energiesteuer befreit. An die anderen Subventionen traute sich die Bundesregierung am Ende doch nicht ran. Auch beim Agrardiesel ruderte sie letztlich zurück, die Kürzungen sollen jetzt bis 2026 schrittweise und nicht, wie ursprünglich geplant, sofort kommen (Stand 7.1.2024). Den Landwirt:innen reicht das nicht, sie haben bereits weitere Proteste angekündigt. Unter anderem argumentieren sie: Noch mangele es an umweltfreundlichen Alternativen in der Zug- und Erntetechnik, zwar gebe es Traktoren, die mit Biogas angetrieben werden, die sind aber teuer und es fehle an Gastankstellen.

In Forschung oder in Fabriken?

Die Haushaltskrise in Berlin machte zwischenzeitlich aber nicht nur die Bauern, sondern noch eine ganz andere Branche nervös: die Chiphersteller. Konkret geht es um zwei Chipfabriken von Intel und von TSMC, der US-Hersteller Intel plant bei Magdeburg den Bau einer neuen Chipfabrik. Die Investitionen liegen bei rund 30 Milliarden Euro, der Staat beabsichtigt rund zehn Milliarden Euro zuzuschießen. In Dresden plant der taiwanische Konzern TSMC eine Halbleiterfabrik mit einem Investitionsvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro, hier soll der staatliche Zuschuss bei etwa fünf Milliarden Euro liegen.

Auch an diesen milliardenschweren staatlichen Subventionen an ausländische Tech-Unternehmen hat die Bundesregierung nicht gerüttelt. In beiden Fällen, hofft sie, sollen vor Ort Tausende Arbeitsplätze entstehen und viele einheimische Lieferanten profitieren. Zugleich sollen die Chipfabriken der Halbleiterhersteller helfen, Deutschland unabhängiger zu machen, bisher werden Chips oft aus Asien und den USA importiert.

Ökonom:innen haben diese milliardenschwere Förderung für den Bau der als extrem energieintensiv geltenden Chipfabriken mehrfach kritisiert. Das Geld sollte besser in Forschung und Entwicklung gesteckt werden, außerdem sei das Arbeitsplatzargument „Augenwischerei“, meint etwa der Direktor für Konjunktur und Wachstum des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths. Schließlich ziehen die Chiphersteller zwar gut qualifizierte Beschäftigte an, die würden sie aber nur kleineren Unternehmen abjagen. Ob das passiert, wird sich zeigen.

An anderer Stelle haben Subventionen bereits nachhaltig gewirkt: Vor einigen Jahren waren beispielsweise erneuerbare Energien noch teurer, es gab für Unternehmen weniger Anreize darauf zu setzen, also hat der Staat den Ausbau gefördert – etwa durch die EEG-Umlage, die von 2000 bis 2022 Bestandteil des Strompreises in Deutschland war. Mit Erfolg. Inzwischen sind erneuerbare Energien wesentlich wettbewerbsfähiger und deutlich günstiger geworden.

Tipp

Material des Monats: Ist gut gemeint auch gut gemacht? – Subventionen beurteilen

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