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Tech meets Teaching: Die Power digitaler Methoden

Ein methodisch vielfältiger Unterricht ist fester Bestandteil des Lehreralltags und gilt als Kennzeichen für guten Unterricht. Das kann so weit gehen, dass die Methode sogar vom Inhalt getrennt wird und so das Erlernen der Methode selbst im Mittelpunkt steht. Doch wie sinnvoll ist dieser Ansatz und wie können Methoden bestmöglich im Unterricht genutzt werden? Im Interview spricht Lehrer und Autor Fabian Bagutzki über die Rolle und den Nutzen verschiedener Methoden und stellt die in diesem Monat bei Teach Economy neu veröffentlichten digitalen Werkzeuge Karten-Memory und Placemat vor.

Herr Bagutzki, Hand aufs Herz: Wie wichtig ist Ihnen Methodenvielfalt im Unterricht?

Mir ist die Methodenvielfalt im Unterricht sehr wichtig. In meinen beiden Fächern, Wirtschaft/Politik (WiPo) und Französisch, kann man durch den Einsatz der passenden Methode den Lernerfolg und auch die intrinsische Motivation für ein Thema erheblich steigern. Entscheidend ist, dass die Methodik den Zielen und Inhalten folgt, anstatt Selbstzweck zu sein. Ich setze verschiedene Methoden bewusst ein, um ein möglichst tiefgehendes Verständnis der zu vermittelnden Themen und Sachverhalte zu ermöglichen. Im WiPo-Unterricht haben sich Rollenspiele, Diskussionsformate und kooperative Lernformen bewährt.

Welche Methoden nutzen Sie regelmäßig in Ihrem Unterricht und warum?

Ich bin beispielsweise ein großer Fan der Methode Gruppenpuzzle. Sie bietet den Vorteil, dass jeder Lernende sich in der für ihn geeigneten Form einbringen kann und so ein tieferes Verständnis des Stoffes entwickelt. Die Art der Differenzierung stärkt das individuelle Lernen und nimmt Rücksicht auf die persönlichen Stärken und Schwächen der Schüler:innen. So trauen sich manche von ihnen nicht, vor der Klasse zu sprechen oder eine Nachfrage zu stellen. Im kleineren Rahmen der Gruppe wird diese Hemmung abgebaut, da durch die Kooperation mit den Mitschüler:innen der Druck des bewertenden Blicks auf eine Frage, die meist mit der Lehrkraft verbunden wird, entfällt. Genau diesen Mehrwert sehe ich auch in den neuen digitalen Kooperationsmethoden Placemat und Karten-Memory. Hier können die Schüler:innen anonym die Schwerpunkte und Fragestellungen der Einheiten bearbeiten und durch die Antworten ihrer Mitschüler:innen voneinander lernen, ohne den prüfenden Blick der Lehrkraft.

Ihnen hilft also ein methodisch abwechslungsreicher Unterricht, um …

… die sozialen und kommunikativen Kompetenzen der Schüler:innen zu fördern. Bei der Auswertung und Diskussion zu den Klassenergebnissen der Methode ermutige ich sie, Argumente klar zu formulieren, Gegenpositionen wertschätzend anzuhören und ihre Standpunkte rhetorisch geschickt zu verteidigen und zu veranschaulichen. Diese Fähigkeiten sind essenziell für ihren Bildungsweg und das spätere Berufsleben, sei es bei Diskussionen im Freundeskreis, Bewerbungsgesprächen oder Verhandlungen mit Kund:innen. Letztlich bietet Methodenvielfalt eine große Chance, abstrakte und komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge verständlich und greifbar zu machen.

Auch hilft sie zur Förderung der Selbstständigkeit und des eigenverantwortlichen Lernens. Sowie nicht zu vergessen: Durch verschiedene Methoden wird eine lockere, spielerische Atmosphäre geschaffen, in der Lernen als positiv und gemeinschaftlich erlebt wird.

Und wie kann man sich das konkrete Einsatzszenario vorstellen? Welche Vorbereitungen sind nötig, um zum Beispiel die Methoden Placemat und Karten-Memory effektiv umzusetzen?

Ich nutze die Placemat-Methode gerne im Einstieg einer Unterrichtsstunde. Wichtig ist dabei, die Gruppengröße vorher genau zu definieren, da man die Vorlagen gestalten muss: In der Mitte muss der zu diskutierende Sachverhalt eingetragen werden und um dieses Feld herum die Rückmeldefelder entsprechend der gewählten Gruppengröße. Wichtig ist auch vor dem Austeilen der Bögen den genauen Ablauf zu besprechen. Man sollte unbedingt darauf achten, dass zunächst jeder Lernende für sich eine Reaktion auf die präsentierte These, das Zitat oder die Fragestellung formuliert und sich nicht mit den anderen Gruppenmitgliedern austauscht. Daher sollte man vereinbaren, dass diese Phase als ein stilles Schreibgespräch durchgeführt wird und erst danach diskutiert werden darf.

Die Memory-Methode eignet sich unter anderem gut als Abschluss einer Einheit, um die Sicherheit in den gelernten Begriffen zu prüfen oder vor dem Einstieg in eine neue Einheit, um erforderliche Begriffe und die Fachsprache zu reaktivieren, wenn diese schon etwas weiter zurückliegen oder um bei einer neu zusammengesetzten Lerngruppe zu prüfen, ob alle Schüler:innen auf dem gleichen Wissensstand sind.

Wie schätzen Sie die digitalen Kooperationsmethoden im Vergleich zu den traditionellen analogen Varianten ein?

Die digitale Variante der Placemat-Methode bietet den Vorteil, dass die Vorbereitung der Bögen entfällt. Des Weiteren kann sich niemand in der stillen Phase der ersten Stellungnahme innerhalb der Gruppe absprechen, da jeder das Thema vom Sitzplatz aus und auf seinem eigenen mobilen Endgerät individuell beantwortet. Es kann sich dadurch auch niemand einer Bearbeitung der Aufgabenstellung entziehen. Die Möglichkeit, eine Zeitvorgabe für die Beantwortung der Fragestellung einzustellen, unterstützt die eigenverantwortliche Beantwortung. Am Ende lassen sich bei der digitalen Version auf einen Blick alle Gruppenergebnisse übersichtlich an der Tafel darstellen, wodurch diese gut miteinander verglichen und diskutiert werden können. Das Abfragen und Sichern der einzelnen Gruppenergebnisse bei der analogen Methode entfällt und spart somit Zeit.

Ganz konkret: Was sehen Sie als größten Vorteil der digitalen Methoden an?

Das größte Potenzial sehe ich in der Zeitersparnis. Die Arbeit vom Sitzplatz aus erspart die Gruppenfindung im Klassenraum und die zeitlichen Vorgaben für die jeweiligen Runden erhöhen das Bearbeitungstempo. Dass das System die optimale Gruppengröße nach Eingabe der Klassengröße vorschlägt, erspart mühsames Einteilen. Über den QR-Code können die Schüler:innen zügig an der Methode teilnehmen. Dies setzt natürlich voraus, dass alle über ein eigenes mobiles Endgerät verfügen. Da ein digitales Endgerät mittlerweile ein stetiger Begleiter der Lernenden ist, kann der Einsatz von digital umgesetzten Methoden die Neugier der Schüler:innen wecken und sie motivieren, diese gewissenhaft einzusetzen.

Sehen Sie weitere Einsatzmöglichkeiten der Kooperationsmethoden außerhalb des regulären Fachunterrichts?

Die Placemat-Methode lässt sich überall dort einsetzen, wo Stellungnahmen zu einem Sachverhalt formuliert werden sollen. Gerade auch das Ausformulieren von Aussagen sorgt dafür, dass sich die Schüler:innen ihre Gedanken noch einmal durchlesen können, bevor sie diese an die übrigen Gruppenmitglieder weiterreichen. Dies kann zum Beispiel beim Schlichten von Konfliktsituationen ein Vorteil sein. Gerade im Streit fallen manchmal unbedachte Äußerungen, die dafür sorgen, dass der Konflikt weiter eskaliert. Werden die Argumente aber schriftlich ausformuliert, kann das geschriebene Wort reflektiert und vor der Weiterleitung abgeschwächt oder neutraler formuliert werden. Hier sollte man den Schüler:innen die Vorgabe machen, ihre Argumente mit konkreten Beispielen zu versehen. Der Druck, sich auf eine abschließende Position zu einigen, fördert die Kooperation und Kompromissfindung innerhalb der Klasse. Auch ein gemeinsames Ausflugsziel kann durch diese Methode geplant werden.

Welche Tipps würden Sie anderen Lehrkräften geben, die die digitalen Kooperationsmethoden in ihrem Unterricht einführen möchten?

Führen Sie die digitalen Kooperationsmethoden mit einer einfachen Fragestellung ein und machen Sie die Lernenden so mit dem Ablauf der jeweiligen Methode vertraut. Wenn die Durchführung allen klar ist, können Sie auch komplexere Fragestellungen einsetzen. Auch Sie selbst sollten sich mit der jeweiligen Anleitung der entsprechenden Methode vertraut machen.

Wählen Sie z. B. bei der digitalen Placemat-Methode mit Bedacht, wie viel Zeit Sie den Lernenden für die jeweilige Runde einräumen. Neigt die Lerngruppe dazu, schnell unruhig zu werden, bietet es sich an ein kürzeres Limit zu wählen, um dadurch den Druck zu erhöhen und die Selbstdisziplin zu fördern. Bei leistungsschwächeren Lerngruppen kann der Zeitdruck auch demotivierend sein und letztlich zu qualitativ schlechteren Lernergebnissen führen. Letztlich kennen Sie Ihre Lerngruppe am besten und sollten dies individuell entscheiden.

Tipp

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